Lagerposition optimieren

Viele Leute vermissen eine wichtige Funktion am WMF-Balken. So vorteilhaft das Programm auch ist, so kommt es doch zu einen Abwägen zwischen WMF-Balken und herkömmlichen Programm. Hier zeige ich einen Lösungsweg, wie man mehr aus dem WMF-Balken herausholt, indem man Excel nutzt.

Das was der WMF-Balken nicht kann, kann vielleicht in Excel umgesetzt werden. Dies betrfft vorallem Iterationen und Mehrfachberechnungen. Möglich werden also:

  • ungünstige Laststellung
  • Lasten feldweise ansetzen
  • Wanderlasten
  • Lastfallkombinationen
  • Holzbaunachweis
  • optimales Profil finden
  • Lager schieben, um Momente zu optimieren
  • Lager schieben, um Lagerkräfte zu optimieren
  • Fließgelenke
  • Lagerausfall
  • alle Träger der Tabelle berechnen
  • Doppelbiegung

Die Liste lässt sich noch weiter fortsetzen. Für die Umsetzung ist Erfindergeist gefragt. Alle Träger der Tabelle berechnen ist so primitiv und häufig gefragt, sodass es Teil vom WMF-Balken wurde. Die anderen sind viel zu speziell, sodass kaum jemand diese gebrauchen kann. Außerdem muss der Ingenieur ja auch noch prüfen, ob das Programm das macht, was es soll. Da ist es am besten, dass man seine Sonderlösung selbst schreibt, sodass man genau weiß, was darin passiert.

 

Um Denkblockaden zu lockern, habe ich hier mal ein Beispiel zu einer Sonderlösung. Wie gesagt, die Lösung wird in Excel umgesetzt, WMF-Balken löst nur eine Unteraufgabe.

 

Auflager so schieben, sodass alle Lager gleiche Last haben

Im Traggerüstbau hat die Baufirma den Wunsch möglichst wenig Material ein zu setzen. Daraus resultiert, dass das Traggerüst maximal zulässig ausgenutzt werden muss. Bei der Längsträgerlage wird die Optimierung nur grob gemacht, weil der Schalungsbauer Randbedingungen vorgibt. Bei den Stützen unter dem Jochquerträger ist es das Ziel, ob man noch eine einsparen kann. Der Traggerüstplaner ist damit beschäftigt die Stützen so zu schieben, sodass alle gleich ausgelastet sind. Die Momentenbeanspruchung des Jochquerträgers spielt keine Rolle, denn es gibt nur den regelausgeschotteten HEB360 aus S235 oder den mehrstegigen HEB220 aus S355 - und die sind nie ausgelastet.

Der Lösungsweg war bisher, dass man die Lage der Stützen zuerst geraten hat. Dann hat man eine Stütze nach der anderen leicht geschoben und nach den neuen Auflagerkräften geschaut. Iterativ hat man sich an eine Lösung genähert, die akzeptabel war. Ist der Jochquerträger unsymmetrisch belastet und hat über 8 Stützen, dann musste man Abstriche einkalkulieren, denn man kann nicht ewig rumspielen. Jede Stütze, die der Jochquerträger mehr hat, bedeutete etwa dass der Mittelwert der Auslastungen um 0,5% sank. Es gab dann halt Stützen, die bloß 90% ausgelastet waren, trotz häufigen Stützenschiebens.

 

Gleichmäßige Auflagerkräfte findet man mit diesen Grundformeln:

Xneu= Xalt+dx

J*dA=dx

dA= Aerf-Avorh

 

Einsetzen ergibt dann die Lösung

Xneu= Xalt+dA*J

 

Dabei sind

Xneu= die neuen Positionen der Auflager

Xalt= die vorherigen Positionen der Auflager

dx= Auflager verschieben

J= inverse Jacobimatrix

dA= Differenz der Auflagerkräfte zwischen Soll und Ist

dA²= Residuum

Aerf= so sollen die Auflagerkräfte sein

Avorh= die Auflagerkräfte, bei denen sich die Lager an den Stellen Xalt befinden

 

Ich habe das mal an einem fiktiven Träger überprüft und getestet. Es klappt wirklich, aber ich musste einen Abstrich machen. Ich habe den Parameter a eingeführt, damit ich nicht zu viel auf die alten Lagerpositionen addiere. a hat zwischen 0,1 bis 0,5 gelegen. 0,1 senkt das Residuum nur langsam und 0,5 mäßig.

Xneu= Xalt+a*dA*J

Jahre lang musste man und auch heute noch viel Zeit verbringen, um die optimalen Lagerpositionen zu erraten. Oft konnte die Stütze nicht eingespart werden. Mit dieser Formel ist die Lösung innerhalt von 5 Minuten gefunden und die Lagerkräfte unterscheiden sich nur in ihren Nachkommastellen. Baupraktisch werden die Positionen auf ganze 5cm gerundet, aber was Besseres als eine theoretisch perfekte Lösung praxisnah zu runden gibt es nicht.

 

Der Störenfried in der Formel ist die inverse Jacobimatrix. Deshalb mal eine Übersicht, was in den Variablen überhaupt drin ist, denn man ist gewohnt, dass in einer Variable eine Zahl drin steckt. Dies ist hier nicht so. Die Dimension steht in eckige Klammern. [1] bedeutet, dass es eine Zahl ist. [Lager], dass es so wiele Einträge gibt, wie es Lager gibt. [Lager; Lager] ist eine quadratische Matrix.

Lager[1] = Anzahl der Auflager

Xneu[Lager]

Xalt[Lager]

dx[Lager]

J[Lager; Lager]

dA[Lager]

dA²[1]

Aerf[Lager]

Avorh[Lager]

 

In der Jacobimatrix sind die partiellen Ableitungen der Auflagerkräfte nach ihrer Verschiebung in X-Richtung enthalten. Eine Auflagerkraft nach X ab zu leiten ist für den Ingenieur eine gewaltige Herausforderung. Doch da gibt es einen Trick. Eine Ableitung ist über seinen Differenzialquotient definiert. Diesen kann man näherungsweise durch einen Differenzenquotient ersetzen. In der Praxis setzt man das im WMF-Balken folgendermaßen um:

  1. Es gibt das ursprüngliche statische System.
  2. Von diesem fertigt man sich aktualisierende Kopien an. Bei jeder Kopie ist ein Auflager um 0,001 nach rechts verschoben. +0,001 macht man über eine Verknüpfung.
  3. Der WMF-Balken berechnet alle Systeme und das Ausgangssystem liefert die Lagerkräfte Xalt und die Kopien haben leicht veränderte Xalt. Die Differenzen zwischen beiden lässt man in die Jacobimatrix kopieren.
  4. Aus der Jacobimatrix muss noch die Inverse gebildet werden, wofür man einen ganz normalen Gleichungslöser nimmt. In Excel geht das mit den Formeln MMULT(MINV(Jacobimatrix);dA). MINV bildet die Inverse der Matrix und MMULT multipliziert 2 Matrixen. Der lange Ausdruck ist alse dA*J. Wichtig ist, dass man bei der Matrixformel alle Zellem markiert und die Formel einträgt. Dann drückt man STRG+Shift+Enter.
  5. Nun wird iteriert. Die neuen Lagerpositionen Xneu kopiert man auf die alten. Rechnen - Kopieren - Rechnen - Kopieren... bis das Residuum akzeptabel ist. Für das Kopieren kann man auch den Macrorecorder nehmen.
  6. Hat man sich so eine Vorlage erst mal gebastelt, dann rutschen die Lager innerhalb von Minuten an ihrer optimalen Stelle. Damit das auch bei Minuten bleibt, muss im WMF-Balken die Rechengeschwindigkeit erhöht werden: Keine Übersichtsgrafiken und kein RTF ausgeben.

 

Mein Beispiel hat folgende Daten:

16m langer Balken HEB360 mit 10 Lager und 13 Einzellasten ohne Eigengewicht. Die Lager haben eine Federsteifigkeit von 80000kN/m. Die Lasten sind an den Positionen: 0; 2; 4; 5; 6; 7; 8; 9; 10; 11; 12; 14; 16m und haben die Last 240; 250; 260; 270; 280; 290; 300; 310; 320; 330; 340; 350; 360kN.

 

Hier gibt es die Tabelle zum Runterladen. WMF-Balken ist da nicht mit drin und muss separat geöffnet werden, damit die Makros angewendet werden können. Oder das Arbeitsblatt wird in die Exceldatei des WMF-Balkens kopiert. Somit vermeide ich, dass dies eine alte Version vom WMF-Balken ist.

Lagerposition Optimieren
In dieser Exceltabelle sind die Formeln umgesetzt. Das Ergebnis der Optimierung ist bereits vorhanden.
LagerOptimieren.xlsx
Microsoft Excel-Dokument [28.8 KB]
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cc-by-sa; Simon Pie